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SCHULDRECHTSREFORM/UNVERMEIDBARKEIT
 

Was hat der Verlust der Weltraumfähre Mars Polar Lander gemeinsam mit dem Fehlschlagen des Parteitags der „Grünen“ 2002 in Stuttgart oder mit dem unverhofften Glücksfall für Postsparkunden, die in den ersten Tagen des Jahres 2002 auch ohne Geheimzahl unbegrenzt Geld abheben konnten, oder mit dem Totalchaos der Gepäckverteilung im Flughafen Denver im Jahre 1995 ?

Alle genannten Ereignisse (und viele andere) gingen auf folgenschwere Fehler der eingesetzten Software zurück, obwohl diese ohne Zweifel von befähigten und verantwortungsbewußten Programmieren mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde.




 



 

Hieraus leitete die Softwareindustrie das Postulat ab, dass angesichts der Komplexität der verschiedenen Betriebssysteme im Zusammenhang verschiedenster und ebenfalls hochkomplexer Hardwarevoraussetzungen ein fehlerfreies Softwareprogramm nicht garantiert werden könne,

Diesem Ansatzpunkt ist die Rechtssprechung vor der Schuldrechtsreform nicht gefolgt und hat den Softwarehersteller gem. § 459 BGB (alte Fassung) verschuldensunabhängig dafür in die Haftung genommen, dass die Leistung zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs nicht mit Fehlern behaftet war.

Allerdings befasste sich die gerichtliche Praxis weniger mit Fällen einfacher Gewährleistung, sondern häufiger mit Schadenersatzfragen, da die Rechtssprechung mit etwas unklarer Dogmatik schon aus der Mangelhaftigkeit an sich auf das Verschulden des Lieferanten schloss, zumal auch die die zunächst gegebenen Gewährleistungsrechte wie Nachbesserung oder Minderung nicht den eigentlichen Bedürfnissen der Praxis entsprachen, da die Wandlung dem Erwerber der Software nichts nützte, weil er ja die Leistung der Software benötigte. Auch das Minderungsrecht half nicht viel weiter, da der Sinn des Erwerbers sich nicht auf einen geringeren Anschaffungspreis richtete, sondern auf die Verfügbarkeit der Funktionalitäten des Softwareprogramms.

Letztlich erwies sich nach dem alten Recht der Haftungsmassstab als relativ hart und gestattete dem Softwarelieferanten in der Regel keine Entlastung mit dem Hinweis auf die Unvermeidlichkeit von Softwaremängeln aufgrund der eingangs erwähnten Komplexität der Materie.

Durch die Schuldrechtsreform hat sich diese Risikoverteilung nun geändert.

Während -wie gesagt- nach dem alten Recht eine Schadenersatzverpflichtung auch ohne „echtes“ Verschulden entstehen konnte, soll dies nach der Schuldrechtsreform nun nur noch dann stattfinden, wenn die Pflichtverletzung vom Softwarelieferanten tatsächlich „zu vertreten“ ist, (wenn er nicht sonstwie, z.B. vertraglich, einen strengeren Haftungsmaßstab übernommen hat). Ohne das „Vertretenmüssen“ des Softwareerstellers könnten sich die Ansprüche des Auftraggebers danach häufig nur noch auf die Ansprüche auf Rücktritt oder Nacherfüllung (nicht jedoch Schadensersatz) beschränken, da nunmehr bei einem Nichtvertretenmüssens des Mangels eben kein Schadenersatzanspruch gegeben wäre. (Selbstverständlich und allerdings knüpfen sich an das Nichtvertreten müssen eine Reihe von Voraussetzungen, wie Einhaltung des Standes der Technik, Versicherbarkeit des Risikos etc. etc.).

Damit könnte das eingangs erwähnte Postulat der Unvermeidbarkeit nun doch mit einiger Zeitverzögerung zunehmende Bedeutung erlangen.